^

Arbeiten wo der Schuh drückt – Instrumente zur Situationsanalyse und Verbesserung – Teil 1

[01.05.2024]

Foto: www.istockphoto.com

Die Identifizierung und Bewältigung von Herausforderungen in Unternehmen erfordert eine gründliche Situationsanalyse, um die Problemstellen zu lokalisieren und effektive Lösungsansätze zu entwickeln. Situationsanalysen sind unverzichtbare Werkzeuge für Unternehmen, um genau dort anzusetzen, wo der Schuh drückt. Von der Identifizierung von Pain Points und Benchmarking bis hin zur Bewertung von Prozessen und Strukturen bieten diese Instrumente einen tiefen Einblick in die Unternehmensrealität und schaffen die Grundlage für gezielte Maßnahmen zur Optimierung und Weiterentwicklung. Das TCW unterstützt Sie dabei durch ein konkret auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes Audit, dass in konkrete Handlungsempfehlungen und eine dazugehörige Roadmap mündet.

Audit als Anamneseinstrument

Vergleichbar mit einem medizinischen Anamneseinstrument, dient das Audit dazu, eine gründliche Untersuchung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens durchzuführen. Die Durchführung eines Audits beinhaltet die systematische Überprüfung verschiedener Bereiche eines Unternehmens, einschließlich der Finanzen, der operativen Abläufe, der Personalstruktur und der Compliance-Standards. Während dieses Prozesses werden Pain Points identifiziert, die auf Herausforderungen oder Probleme hinweisen. Diese könnten beispielsweise ineffiziente Prozesse, unzureichende Ressourcennutzung oder mangelnde Compliance mit gesetzlichen Vorschriften umfassen. Darüber hinaus deckt das Audit Schwachstellen auf, die potenzielle Risiken oder Engpässe im Unternehmen darstellen können. Dies können beispielsweise falsche Prozesse, unzureichende Kontrollmechanismen oder eine veraltete IT-Infrastruktur sein.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Audits ist das Benchmarking zu vergleichbaren Unternehmen. Durch den Vergleich der Leistung und der Prozesse mit ähnlichen Unternehmen in der Branche kann ein Unternehmen besser verstehen, wie es im Vergleich zu seinen Wettbewerbern abschneidet. Das TCW nutzt hierbei die eigene TCW Benchmark-Datenbank, welche Daten aus über 30 Jahren Projekterfahrung aus unterschiedlichsten Projekte enthält. Dies ermöglicht es dem Unternehmen, Best Practices zu identifizieren, von erfolgreichen Strategien anderer zu lernen und Verbesserungspotenziale zu erkennen.

Die Ergebnisse solcher Audits stellen wir in vier Fallstudien vor.

Fallstudie1: Digitalisierung und KI

Bei der Einführung und Industrialisierung neuer Technologien ist eine ehrliche und umfassende Bestandsanalyse essenziell. Deshalb ist die Situationsanalyse auch bei KI und den in diesem Begriff eingefassten Technologien ein Standard, welchen wir in unseren Projekten nutzen. Wir haben mehrere Unternehmen bei der Einführung von generativer KI (gen.AI) begleitet. Standardmäßig beginnen wir bei den positiven Aspekten der aktuellen „Situation“ und finden bei Ihnen Potenziale der neuen Technologie. Gemeinsam mit internen Experten erarbeiten wir konkrete und werthaltige Anwendungsfälle im spezifischen Unternehmenskontext auf Basis von Best Practices und unserer Domänenexpertise. Darauf aufbauend auditieren wir organisatorische und technische Faktoren im Hinblick auf die identifizierten Potenziale. Dabei steht die Fragestellung im Mittelpunkt: „Was muss wann und wie getan werden, um die identifizierten Potenziale von gen.AI schnell zu heben?“ Wir kombinieren bei unserer Situationsanalyse Checklisten, Tech-reviews, Interviews und Workshops, um ein umfassendes Bild zu schaffen. Organisatorische Faktoren sind die Strategie und Vision, die Aufbau- und Ablauforganisation, Rechtliche Aspekte und Compliance Anforderungen, das Business Development, sowie die notwendigen Ressourcen und deren Fähigkeiten inklusive der Unternehmenskultur. Technische Faktoren sind neben der Technologie und deren Anbietern, das Technologiemanagement das Datenmanagement und die Infrastruktur. Die identifizierten Anwendungsfälle werden mit ihren Potenzialhebeln auf die wichtigsten Optimierungsgrößen in gegenwärtigen Unternehmenskontext gemappt, um eine wertorientierte Priorisierung zu gewährleisten. Wir organisieren anschließend die Anwendungsfälle in Cluster, um Synergieeffekte bei der Entwicklung zu heben und Erfolge schnell zu skalieren. Mit einem adaptiven Stage-Gate-Prozess ermöglichen wir den Entscheidungsgremien das effiziente Management der Anwendungen.

Mit Best-Practice Templaten unterstützen wir die Projektteams in technischer, organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht. Die Template stimmen wir eng auf die individuellen Bedürfnisse in den jeweiligen Fachabteilunge ab. Bei der Auditierung der technischen Bausteine legen wir besonderen Fokus auf die Datenqualität. Etwaige strukturelle und strategische Probleme überführen wir in einen Aktionsplan für die Datenstrategie. Die weiteren Aktionspunkte, welche wir aus der Situationsanalyse in den technischen und organisatorischen Bausteinen erheben, überführen wir zusammen mit unseren Best-Practice Erfahrungen in konkrete Handlungsempfehlungen. Beispielsweise kann dies umfassen: ein Schulungskonzept, um entsprechende Fähigkeiten nachzurüsten, ein Hiring-Plan um fehlende Fähigkeiten nachzuziehen, spezifische make or buy Entscheidungspapiere für die Anwendungsfälle inklusive der Betrachtung technischer und kommerzieller Risiken Diese werden im letzten Schritt in eine Roadmap überführt. Eine Situationsanalyse zu eine KI-Technologie dauert je nach Kontext 2 bis 6 Wochen.

Fallstudie 2: Wertstromanalyse

Ein deutsches Unternehmen der chemischen Prozessindustrie war gefordert, die Effizienz der Werke zu erhöhen und mit neuen Kostenpositionen Wachstum zu realisieren. Mit einer Wertstromanalyse hat das TCW das Werk auditiert und zielgerichtete Optimierungsmaßnahmen für ein Transformationsprogramm entwickelt.

Anhand der Analyse von ERP-Daten der Fertigungs- und Transportaufträge, der Lagerbestände sowie Zu- und Abgänge mit Business Analytics Tools konnte das TCW in kürzester Zeit ein Modell des Flusssystems im Werk generieren. Aus diesem waren wichtige und aktualisierbare KPIs wie Bestände, Durchlauf- sowie Warte-, Rüst- und Prozesszeiten, die Anlagenverfügbarkeit OEE und die termingerechte Lieferquote ablesbar. Durch internes und externes Benchmarking wurden Auffälligkeiten identifiziert, mit den Experten im Werk diskutiert und Top-Down-Potenziale abgeschätzt. Anhand der Lage der Bestände und dem Vergleich der Wartezeiten für das Material wurden eine ungünstige Lage der Engpässe identifiziert. Das Modell war zudem Diskussionsgrundlage für die Pain-Point-Erhebung. Auffällige und priorisierte Teilbereiche wurden vor Ort durch Gema-Walks mit Checklisten auditiert. Es wurden Schwachstellen im Materialfluss, in der Produktion und der Planung und Steuerung aufgenommen. Auch wurden die Ursachen sowie Handlungsfelder zur Ursachenbekämpfung im Rahmen von Interviews mit den Prozessverantwortlichen diskutiert. Zu den Schwachstellen zählten in diesem Beispiel hohe Logistikaufwände aufgrund von Layoutdefiziten und geringer Automatisierung, hohe Bestände aufgrund langer Durchlaufzeiten und Engpässen sowie Produktivitätslücken und eine geringe Liefertreue aufgrund von Defiziten des Planungs- und Steuerungssystems sowie der Logiken der Auftragsabwicklung.

Auf Basis der Ergebnisse des Audits wurden Maßnahmenworkshops für die einzelnen Handlungsfelder durchgeführt. Ein Erfolgsfaktor der Maßnahmengenerierung war das Benchmarking von Best Practices vergleichbarer Unternehmen und von Technologieführern. Die Maßnahmen wurden finanziell und technisch bewertet und anhand von Abhängigkeiten zu Grobkonzepten für eine optimierte und smarte Fabrik gebündelt. Für die Grobkonzepte erfolgte eine Neubewertung der Potenziale. Die Initiale Top-Down-Potenzialabschätzung wurde sogar übertroffen. Zur Hebung der Potenziale wurden die konzeptionellen Maßnahmen zu Teilprojekten aggregiert und in einer Roadmap zeitlich geplant. Die Grobkonzepte und Roadmaps wurden im Steuerkreis zur Entscheidungsvorlage gebracht. Die verabschiedete Roadmap zielt auf die Detailkonzeption und Umsetzung des Grobkonzepts in 7 Teilprojekten: Lager- und Materialflussoptimierung, Engpassverlagerung, Rüstzeitoptimierung, Qualitäts-verbesserung, Neue Planungs- und Steuerungsansätze, Lieferantenintegration und Digitalisierung.

Die Ergebnisse des Projekts ermöglichten die Diskussion struktureller Veränderungen im historisch gewachsenen Werk unter Einbindung des Managements. Auf Basis der ermittelten Pain-Points und Potenziale wurde der Handlungsbedarf zur strategischen Unterstützung des Werks mit Investitionen erkannt. Das ausgearbeitete Grobkonzept wurde als Zielbild für die Transformation verabschiedet. Die Durchführung der Teilprojekte hat gestartet. Erste Ergebnisse sind in Form von technischen Piloten sichtbar. Auch konnte innerhalb kürzerer Zeit der Bestand an Roh- und Zwischenmaterialien reduziert werden, indem die Losgrößen an Nichtengpassanlagen reduziert und die neuen Wartezeiten als zeitliche Planungsvorgaben für die Pull-Steuerung der Produktionsaufträge berücksichtigt wurden. Die Reduzierung der Kapitalbindung ermöglicht weitere Investitionen in Engpassanlagen, deren Schichtmodelle sich im Anschluss optimieren ließen. Durch die Umsetzung können effizientere Abläufe in der Fabrik etabliert werden, was zu einer Steigerung der Effizienz und einer Reduzierung der Betriebskosten führte. Die Wertstromanalyse war in diesem Fallbeispiel ein entscheidender Ausgangspunkt für die erfolgreiche Transformation des Werks.

Weitere Fallstudien werden im zweiten Teil dieser News vorgestellt.

Fazit

Das Audit dient dazu, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu untersuchen, indem verschiedene Bereiche wie Finanzen, operative Abläufe und Compliance-Standards systematisch überprüft werden, um Pain Points und Schwachstellen zu identifizieren. Es beinhaltet auch das Benchmarking mit ähnlichen Unternehmen, um die Leistung im Vergleich zu Wettbewerbern zu verstehen und Best Practices zu identifizieren, wie im Fall des TCW mit seiner Benchmark-Datenbank für Digitalisierung und KI. Anhand von Fallstudien wie der Wertstromanalyse wird deutlich, wie durch gezielte Maßnahmen aufgrund der Audit-Ergebnisse eine Transformation des Unternehmens erreicht werden kann, indem Schwachstellen behoben und Effizienz gesteigert wird. Im nächsten Teil zeigen wir Ihnen die Anwendung im Einkauf und bei Produkten.

Beratungsleistungen

Publikationen

Praxisbeispiele

VorherigeNächste